Man hat mich vorgewarnt: Das Beantragen eines Journalistenvisums für Bangladesch sei eine langwierige Angelegenheit und so früh wie möglich in Angriff zu nehmen. Doch was ist «so früh wie möglich»? Ich glaubte mich mit zweieinhalb Monaten vor Abflug auf der sicheren Seite. Nun weiss ich, zweieinhalb Monate sind das Minimum. Ich musste bis zuletzt um den rechtzeitigen Erhalt des Visums bangen.
Bei unzähligen Telefonanrufen auf der Botschaft von Bangladesch in Genf nahm entweder niemand den Anruf entgegen oder ich wurde von einer Empfangsdame dazu angehalten, in einer Stunde, dann in 30 Minuten, am nächsten Tag und schliesslich wieder in drei Stunden anzurufen. Hatte ich endlich mal den richtigen Ansprechpartner am Apparat, bekam ich meist folgendes zu hören: «Oh, Miss Carole, I remember your application. There is a problem. We are waiting for the clearance from Dhaka. But don’t you worry madam, you will get your visa.». Je näher der Abflug rückte, desto weniger konnten mich diese Worte beruhigen, auch wenn sie im fröhlich klingenden Akzent, der den Leuten aus Bangladesch und Indien eigen ist, vorgetragen wurden. Zwei Wochen vor Abflug lagen meine Nerven blank.
Nicht zu wissen, ob und wann man abreisen kann, lässt keine richtige Vorfreude aufkommen. Reiseliteratur lese ich nur halbherzig. Ich habe Angst, dass falls es mit dem Visum nicht klappt, die Enttäuschung umso grösser wäre, je mehr ich über Bangladesch weiss.
Nun, am Ende hat es geklappt. Nicht zuletzt dank dem Einsatz der Schweizer Botschaft in Dhaka. Rund eine Woche vor Abflug darf ich mein Visum in Genf abholen. Alles gut… sollte man meinen. Doch nun fängt eine andere Art von Stress an. Die vernachlässigte Vorbereitung rächt sich. Im Schnellzugstempo erledige ich letzte Einkäufe und Administratives, lagere meinen Haushalt ein und verabschiede mich von Freunden und Familie. Gleichzeitig erreichen mich mehrere E-Mails vom DEZA, die mich auf die kritische Sicherheitslage im Hinblick auf die bald stattfindenden Wahlen hinweisen. Klar beunruhigen mich die Aussichten auf Streiks und gewalttätige Auseinandersetzungen. Nachdem ich nun aber so lange auf dieses Visum gewartet habe, will ich es trotzdem wagen und bin gespannt, was mich in Bangladesch alles erwarten wird.
Die Schweizer Journalistenschule MAZ und die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit DEZA bieten jedes Jahr einigen jungen Journalisten und Fotografen die Chance, für ein paar Monate auf Redaktionen in Ländern des Südens zu arbeiten. Im Rahmen dieses Projekts habe ich vom 19. September 2013 bis am 17. Januar 2014 für die Zeitung «The Daily Star» in Dhaka, Bangladesch, fotografiert. Was ich dabei erlebt habe, findet Ihr in diesem Blog unter der Rubrik Bangladesch. Meine Beiträge sowie jene von meinen Kollegen in anderen Ländern könnt Ihr auch hier verfolgen.
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hi Carole,
it looks like you have been lucky that you can do this project.
will be interesting to read what you experience this time.
good luck and have fun, cheers Anton