Bevor man die Schiffswerkstätten auf der anderen Seite des Buriganga River in Dhaka erreicht, kann man sie bereits hören. Die gleichmässigen Hammerschläge hallen laut auf dem Metall der Schiffsrümpfe. Einen Gehörschutz tragen die Arbeiter dennoch nicht. Auch sonst wären diese Werkstätten ein Fall für die Suva. Ungesichert und ohne Helm klettern die Männer in luftiger Höhe auf den Wracks herum.
Helal, ein einheimischer Fotograf, hat mich hergebracht, damit ich eine Fotoreportage machen kann. Meine Begeisterung für das Projekt weicht allerdings rasch der Nervosität, als ich die wackligen Holzplanken sehe, die an Seilen befestigt steil am Schiffsbauch entlang auf die Oberdecks führen. Mit zittrigen Knien gehe ich langsam die improvisierte «Leiter» hoch. Beim Blick nach unten wird mir plötzlich anders: «Wie soll ich hier bloss wieder heil herunterkommen?» Ein Gedanke, denn wohl auch einer der Arbeiter hat. Als ich mich schliesslich wage, den Abstieg in Angriff zu nehmen, steht er mit gezücktem Natel unten bereit und filmt meinen Abgang. «Jetzt nur nicht ablenken lassen», denke ich mir und wiederhole in Gedanken das Mantra «Schritt für Schritt für Schritt für Schritt». Es hilft, ich falle nicht.
Während Helal im Schatten an seinem Laptop arbeitet, mache ich mich mit meiner Kamera auf Erkundungstour. Überall in, auf und rund um die Schiffe wird gehämmert, geschweisst, gefrässt, poliert und gemalt. Die Arbeit ist hart und gefährlich. Da es nicht genug Schweissermasken hat, halten sich einige Arbeiter einfach die Hand vor die Augen. Die Arbeiter scheinen sich über meinen Besuch und meinem Interesse an ihnen und ihrer Arbeit zu freuen. Sie laden mich zum Essen ein. Während die beiden Köche am Boden kauernd Zwiebeln schneiden, schweissen ihre Kollegen nur zwei Meter davon enfernt Metallplatten zusammen.
Leider konnte ich die geplante Reportage nie abschliessen, da Helal und ich kurz nach meinem zweiten Besuch bei den Shipyards einen Motorradunfall hatten, der meine Kamera und Helal längere Zeit ausser Gefecht setzte (siehe «Pechsträhne in Lalmonirhat»).
Die Schweizer Journalistenschule MAZ und die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit DEZA bieten jedes Jahr einigen jungen Journalisten und Fotografen die Chance, für ein paar Monate auf Redaktionen in Ländern des Südens zu arbeiten. Im Rahmen dieses Projekts habe ich vom 19. September 2013 bis am 17. Januar 2014 für die Zeitung «The Daily Star» in Dhaka, Bangladesch, fotografiert. Was ich dabei erlebt habe, findet Ihr in diesem Blog unter der Rubrik Bangladesch. Meine Beiträge sowie jene von meinen Kollegen in anderen Ländern könnt Ihr auch hier verfolgen.
< Traumjob: FotojournalistIst das noch leben? >
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