Durga Puja ist das wichtigste Festival der hinduistischen Minderheit in Bangladesch und zelebriert den Sieg der Göttin Durga über das Böse. Bereits Wochen im Voraus werden zu diesem Anlass Durgastatuen aus Ton angefertigt und verkauft. Im Hinduviertel Shakhari Bazaar in Old Dhaka kann ich einen Blick in einige der Werkstätten werfen.
Das Festival selbst erlebe ich in Lalmonirhat im Norden Bangladeschs. Hier, nahe an der indischen Grenze, findet man in jedem Dorf geschmückte Plätze und Altare, wo sich die hinduistische Bevölkerung trifft, tanzt, betet und Opfer darbringt. Als ich am Abend den Festplatz neben unserem Guesthaus besuche, werde ich aufgefordert einen Tanz zu Ehren von Durga aufzuführen. Dafür kriege ich einen Tonkrug, in dem ein kleines Feuer brennt, in die Hand gedrückt. Mein «Tanzlehrer» kniet sich vor den Statuen hin und bedeutet mir, es ihm gleich zu tun. Mit der linken Hand am rechten Ellbogen führt er den Tonkrug in kreisenden Bewegungen vor seinem Körper auf und ab und geht dabei auf den Knien ein paar Schritte rückwärts. Ich ahme alles nach und erhalte dafür ein anerkennendes Nicken. Schliesslich brechen wir aus der knienden Position aus und fangen an, zum Rhythmus der Trommel zu tanzen. Die Zuschauer jubeln. Sie freuen sich sichtlich, dass eine Bideshi (Ausländerin) an ihrer Feier teilnimmt. Getragen von der positiven Energie, werde ich lockerer und kann meinen Auftritt sogar geniessen.
Am letzten Tag des Durga Puja Festivals, werden die Tonstatuen zu den Flüssen getragen, wo sie nach Sonnenuntergang unter lautem Jubel und Zungenschnalzen versenkt werden. Helal, ein junger Fotograf aus Dhaka, und ich wollen diese Zeremonie in Moghulhat mitverfolgen. Sergeant Moshiur, ein Polizist, den wir am Vorabend kennengelernt haben, weist seinen Kollegen ausser Dienst an, uns mit dem Motorrad hinzufahren. Eigentlich hätte er uns gerne höchstpersönlich begleitet. Doch als diensthabender Polizist, so Moshiur, schicke es sich nicht, mit einer Ausländerin herumzufahren. Jedenfalls nicht tagsüber wie er anfügt. Diese Logik verstehe ich nicht, wir sind aber froh, überhaupt eine Mitfahrgelegenheit zu haben und nehmen dankend an.
Am Grenzfluss Dharla treffen wir eine kleine Hindugemeinschaft, die ihre Statuen zu Wasser tragen. Wir dürfen sie mit der Kamera begleiten. Während Helal ungestört fotografieren kann, muss ich selbst immer wieder für die Handykameras der Einheimischen posieren oder werde zu einer Tanzeinlage aufgefordert. Die Frauen schmieren mir zudem rotes Pulver ins Gesicht, die Arme, den Ausschnitt und den Haaransatz (normalerweise ein Zeichen für verheiratete Frauen). Zwischendurch kann ich mich befreien und ein paar Bilder machen.
Bei Regen und einsetzender Dunkelheit machen wir uns auf den Weg zurück nach Lalmonirhat. Dabei ist es amüsant die Reaktionen der Leute zu beobachten, wenn ich mit rotem Kopf an ihnen vorbeibrause. Ich sehe wohl aus wie einer der Dämonen aus der indischen Mythologie. Mäuler und Augen weit aufgerissen, schauen mich die Leute mit einer Mischung aus Ungläubigkeit, Schock und Amüsement an.
Natürlich haben Helal und ich in Lalmonirhat noch viele andere Abenteuer erlebt. In Grenzerfahrungen habe ich davon berichtet. Inzwischen bin ich zurück in Dhaka und da steht bereits das nächste Festival an. Es ist das muslimische Opferfest Eid. Macht euch auf ein paar lustige aber auch blutige Geschichten gefasst…
Die Schweizer Journalistenschule MAZ und die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit DEZA bieten jedes Jahr einigen jungen Journalisten und Fotografen die Chance, für ein paar Monate auf Redaktionen in Ländern des Südens zu arbeiten. Im Rahmen dieses Projekts habe ich vom 19. September 2013 bis am 17. Januar 2014 für die Zeitung «The Daily Star» in Dhaka, Bangladesch, fotografiert. Was ich dabei erlebt habe, findet Ihr in diesem Blog unter der Rubrik Bangladesch. Meine Beiträge sowie jene von meinen Kollegen in anderen Ländern könnt Ihr auch hier verfolgen.
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